Einführung in die Arbeiten zur Ausstellung 'Bernd Janes - aktuelle Arbeiten' |
Dr. Helmut Orpel I Vernissage am 15.6.2013 im Salon José, Saarbrücken |
Bernd Janes sieht es, so kann man auf seiner Homepage nachlesen, als notwendig an, dass die Ökologie unbedingt die aktive Mitwirkung der Kunst braucht. Diese Erkenntnis ist leider nicht allgemein verbreitet, denn selten fließen bei m ökologischen Bauen, das im Leben von Bernd Janes eine so große Rolle spielt, künstlerische Ideen ein, obwohl bei jeder Art von Formgebung Ästhetik eine Rolle spielt und das erst recht bei Baukörpern, die in die Landschaft gesetzt werden. Nur selten, so scheint es, wird darüber gründlich nachgedacht. Und wenn man sich anschaut, wie Kunst am Bau oder im öffentlichen Raum aufgefasst wird, so hat das oft eine reine Alibifunktion ohne Bezug zum räumlichen oder baulichen Umfeld.
Im Credo, das Bernd Janes seiner Präsentation voranstellt, kommen zwei Begriffe vor, die man genau zu kennen glaubt, die aber doch der näheren Erläuterung bedürfen, nämlich „Ökologie“ und „Kunst“.
Dass Ökologie für Janes weit mehr als „Umweltschutz“ bedeutet, wird deutlich, wenn wir uns seine Vita ansehen. Zu Beginn der 90er Jahre, damals war er noch im Polizeidienst, wandte er sich intensiv dem ökologischen Bauen zu. Seine Mitwirkung an der ökosoziale Siedlung „Kleiner Hirschberg“, die 1996 den Saarländischen Staatspreis erhielt, erscheint wie eine Initialzündung. Dadurch angespornt widmet er sich in den folgenden Jahren intensiv dem Studium der Baubiologie am Institut in Neubeuren. Später studierte er Architektur an der Alanus Hochschule in Bonn. Seit 2004 ist er an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Saarbrücken Dozent.
Ökologisch zu bauen, in dem Kontext, wie er von Bernd Janes verstanden wird, schließt soziales Bewusstsein mit ein. Für ihn endet Ökologie nicht beim Baustoff, sondern baut auf der Erkenntnis auf, dass der Mensch winziger und zeitlich begrenzter Bestandteil eines sich im stetigen Wandel befindlichen Gesamtgefüges ist, eine Randerscheinung darin und keinesfalls der Mittelpunkt derselben. Die menschliche Gattung, so scheint es aus der ökologischen Perspektive, die sich radikal von der der kapitalistischen Ökonomie unterscheidet, ist nur eine von unendlich vielen möglichen Lebensformen, die gleichberechtigt und zeitlich begrenzt nebeneinanderstehen.
Die Übersetzung von Ökologie mit dem deutschen Wort „Umweltschutz“ führt in die Irre, denn der Begriff „Umweltschutz“ beinhaltet eine hierarchische Trennung und definiert eine Umwelt um den Menschen, der als Krone der Schöpfung im Zentrum steht. Diese Umwelt könne er, so suggeriert dieser Begriff, je nach eigenem Belieben schützen oder zerstören.
Ein solcher Standpunkt erweist sich bei näherer Betrachtung aber als ziemlich einseitig, denn letztendlich können wir durch unser Verhalten wahrscheinlich nur unsere eigene Dauer auf dem Planeten positiv oder negativ beeinflussen. Wir sollten uns da nichts vormachen, die Erde wird sich auch ohne uns weiterdrehen und von den pompösen Betonklötzen, die wir in die Landschaft setzen, wird schon nach einem Jahrhundert nicht mehr viel übrig sein, außer einem Haufen Stahlschrott, der in der Landschaft vor sich hinrostet.
Ökologisches Denken und somit auch Kunst, die sich an diesem Denken orientiert, verabschiedet sich von einem solchen egozentristischen Weltbild, dessen vermeintliche und durch die Religion unterlegte Naturwüchsigkeit so einleuchtend erscheint, weil es unserem Ego schmeichelt. Bei der kritischen Reflexion erkennt man allerdings die Kurzlebigkeit unserer Gattung, deren Überleben eigentlich ein anderes Verhalten voraussetzen würde, als das, das wohl von der großen Mehrheit der Menschheit an den Tag gelegt wird, ein Verhalten, das sich in der griffigen Formel „Wir haben die Erde nur von unseren Kindern geborgt“, zusammenfassen lässt.
Was folgt aus dieser Erkenntnis für die Kunst?
Wenn wir uns die Bilder von Bernd Janes näher anschauen, so werden wir einen Paradigmenwechsel erkennen, wie er für die Kunst des 20. Jahrhunderts programmatisch ist. Künstlerisch erweist er sich als Minimalist, der wie Richard Long oder Timm Ulrich das Material selbst zum Sprechen bringt und die künstlerische Intervention dazu nutzt, einen optimalen Verdichtungsprozess im künstlerischen Werk zu bewirken.
In der Kunst der Moderne geht es nicht mehr darum, etwas abzubilden, sondern vielmehr um die Darstellung von etwas, das über die rein sinnliche Gewissheit hinausgeht. Der Künstler führt uns durch sein Tun über die Grenze des bloß Sichtbaren hinaus, indem er durch sein künstlerisches Werk das Material zum Sprechen bringt.
Mit anderen Worten bedeutet dies: Ein Kunstwerk beinhaltet eine eigentümliche Wirklichkeit, die offen zu Tage tritt, aber dennoch erschlossen werden muss. Es kommt dabei darauf an, was das Werk in der Gefühlswelt und in der Fantasie des Betrachters etwas zum Klingen bringt. Kunst wird hier zu einem Medium, das die Möglichkeiten nutzt, die sich der Betrachter vermittels seiner Fantasie erschließen kann. In der Moderne ist das Kunstwerk ist nicht mehr zu erklären, sondern erklärt sich selbst im Dialog mit dem Betrachter.
Allerding, und hier ist ein weiteres Ausrufungszeichen zu setzen, verlangt ein solches Kunstwerk den aufmerksamen Betrachter, der sich aus der Bilderflut, die uns tagtäglich überschwemmt herauszulösen vermag und sich ganz auf das Werk einlässt. Die Bilder des Künstlers verbreiten Ruhe, erwarten aber andererseits den Betrachter, der die Ruhe in sich findet, um diese Schwingungen aufzunehmen.
Bernd Janes arbeitet vorwiegend mit Naturmaterialien. Sie sehen hier nur einen Bruchteil seines Schaffens, das sich von druckgraphischen Blättern über Naturreliefs bis hin zu großen Skulpturen in freier Landschaft erstreckt. Bei allen Arbeiten von ihm ziehen sich bestimmte Wesenszüge durch, die im Zusammenhang mit den eingangs geäußerten Gedanken stehen. ,
Zunächst fallen an seinen Bildern die Farben auf. Es sind die Farben der Vergänglichkeit. Zum Beispiel hier bei den Ahornblättern, die er wie in einen Setzkasten aufgereiht zeigt. Die Objekte wirken aneinandergereiht wie bei einer wissenschaftlichen Sammlung. In diesem Zusammenhang haben sie etwas Verfremdetes, Unnatürliches. Sie befinden sich in einer Ordnung, die sie von Natur aus nicht haben, eine Systematik, wie sie sich der Mensch für seine vergleichende Betrachtung zurechtlegen mag.
Gerade durch dieses krasse Aufeinandertreffen von Naturschönheit und geometrischer Ordnung aber wird ein Nachdenken über die Dualität zwischen sinnlicher Wahrnehmung und rationaler Erfassung, die den Menschen sein Leben lang begleitet, ausgelöst. Rationales Denken liefert nur ein abstraktes Abbild von der reichen Vielfalt des sinnlichen und bei aller Genauigkeit der Analyse bleiben immer Bereiche offen, die aus dieser Analyse herausfallen.
Dies wird auch bei den Skulpturen von Janes deutlich, bei denen er auf die natürlichen Wuchsformen rekurriert mit denen er geheimnisvolle Hieroglyphen in den leeren Raum schreibt, eine Schrift, die uns, würden wir sie lesen können, den Sinn des Daseins näher bringt.
Bernd Janes macht eigentlich keine Unterschiede zwischen den Kunstgattungen. Skulptur, Relief und Bild gehen ineinander über, sind Teil des gesamten Werkkosmos´. Auch die Druckgraphik erscheint als integraler Bestandteil des Gesamtwerks, dessen einzelne Teile sich nicht von ihrem Umfeld isolieren lassen. Die Schattenwirkung, die Zwischenräume haben hier einen entscheidenden Einfluss auf die Gesamtwirkung und verändern, je nach Lichteinfall den Eindruck der gesamten Komposition.
Dies ist ein weiterer Aspekt, der die Besonderheit dieser Arbeiten ausmacht. Es sind Körper im Raum, die dem Umfeld einen besonderen Charakter geben, der in der Wechselwirkung entsteht. Bezeichnend ist dabei die Rhythmik, die sich durch Reihungen von scheinbar Ähnlichem und doch jeweils individuell Unterscheidbarem ergibt. Die Art des Farbauftrags unterstreicht die Vergänglichkeit der einzelnen Formen, die wie zufällig vor dem sehenden Auge erscheinen.
Oben wurde bereits erwähnt, dass die Arbeiten von Janes oft reliefartig wirken. Durch den Farbauftrag, der oft in Schichten oder lasierend geschieht eröffnet er den Blick in eine imaginäre Tiefe, die, im Zusammenwirken mit der raungreifenden Funktion den Bildkörper aufzulösen scheinen.
Fassen wir zusammen. Die eingangs aufgestellte These von der Notwendigkeit der Kunst für die Ökologie setzt voraus, dass wir uns für ein Weltbild öffnen, das uns vor Überheblichkeit bewahrt, dass wir zu der Stille und Konzentration finden, die uns die Vitalität in den Arbeiten, die wir hier sehen, spüren lässt.
Ich danke Ihnen….