9 Eschen |
Plastik am Schaumberg, Tholey, zum Thema 'Gipfelkunst' Projektzeit: April 2011 Mitarbeit: Martin Halm In der germanischen Mythologie baut sich das Weltengefüge aus einer Esche, der Weltenesche ‚Yggdrasil’ . Von den Wurzeln bis ins Astgefüge formten sich aus ihr die 9 Welten der Germanen. Wie viele andere Baumarten zeugen solche Überlieferungen von den engen Verbindungen der Menschen mit den riesigen Pflanzen. Heute wählen wir das Holz der Bäume eher unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten aus. Eschenholz gilt als äußerst hart, zugfest und formstabil. Wir finden es in Axtstielen, in Sportbogen, aber auch als Fußböden und Treppen. Die 9 Eschen wurden in unmittelbarer Nähe des Standortes der Plastik gefällt und entrindet. In der hellen und glatten Holzoberfläche lässt sich die kraftvolle Spannung ihres Wuchses ablesen. Stahlbänder umfassen die 9 Eschen und unterstreichen diesen Eindruck. Gerade die Bündelung symbolisiert die gegeneinander wirkenden Kräfte des Haltens nach innen und die des Gebündelten mit Druck nach außen. Mit der Zeit vergraut die Holzoberfläche und die Plastik nimmt sich in ihrer kraftvollen Spannung zurück. Das Holz geht eine Verbindung ein mit den rostenden Stahlbändern. Die gegeneinander wirkenden Kräfte lösen sich auf. '...Es würde mir wohl niemand widersprechen, wenn ich Bäume als sakrale Naturgestalten bezeichne. In der Erde, im Grunde, verwurzelt, bilden sie ihre filigranen Teile in das luftige Licht aus, in Richtung des Unendlichen und Unerklärbaren, viel länger als es ein Menschenleben verfolgen kann. Wie kein anderes Wesen symbolisieren Bäume für uns Natur, transportieren Idealbilder von Schönheit, Stärke, Lebensfülle. Sie begleiten unseren Frohsinn, unsere Einsamkeit, unser Dasein - und wir das Ihre. Sie schenken uns ihren Körper, dem wir unser Haus und den Geist unserer Hände verdanken. Krankt der Baum, stirbt er ab oder wird er gar abgeholzt, leiden wir mit ihm. Unsere natürliche Verbundenheit mit den hölzernen Lebenswegbegleitern lässt uns protestieren, Menschen- und Lichterketten bilden und Walddörfer bauen. Der Baum, der Wald kann auf uns zählen. Und das ist gut so. Wir stehen in der Verantwortung, auch zu unserem eigenen Wohl, speichert der Baum doch die Gase, die uns Sorgen bereiten und wandelt sie um in solche, ohne die wir nur einige Sekunden überleben würden. Bei aller Pracht vergessen wir nur allzu oft, dass diese in den Himmel wachsende Fülle sich auch in die Erde ausbreitet – in gleicher Fülle, vielleicht mit etwas weniger Pracht. Würden wir ihn umdrehen, also mit dem Wurzelwerk nach oben, sähen wir auch Äste und Zweige und auch in diesen Verästelungen findet eine chemische Umwandlung von Stoffen statt. Seit Urzeiten lebt der Baum seine individuelle Eingebundenheit und biosoziologische Verbundenheit als Wald. Wir arbeiten immer noch daran. Vielleicht sind es ja die Wurzeln, die uns fehlen...' (aus: Wir haben den Boden unter den Füßen verloren. Über den Verlust unserer ältesten Verbindung. Oder: Lehm - der Grund zur Nachhaltigkeit. Ein Essay von Bernd Janes). |